Käse und Tee

Geschrieben am 23.02.2021
von Dr. Jens Fischer

Tee und Käse, Käse und Tee

Die Gabe von Tee zu Käse ist gar nicht so ungewöhnlich. Zu einem englischen High Tea mit seinen herzhaften Komponenten wird ebenso Käse gereicht, wie er auf den Finger Sandwiches zum Afternoon Tea zu finden ist. Bei einem Schweizer Fondue ist neben Weißwein auch ein leichter Schwarz- oder Kräutertee gebräuchlich. Viele Kulturen fügen dem Tee Milch oder Sahne hinzu, um die Bitterkeit und Adstringenz auszugleichen; in Nepal sogar ein Milchprodukt wie (Yak-)Butter.

Warum dann nicht von allen Milchprodukten das Herausragendste und Vielfältigste: Käse. Wieso passt Tee zu Käse?

Tee hat, wie Wein, eine Breite an Texturen und Tiefe basierend auf tanninähnlichen Strukturen, die sehr gut mit den Proteinen und Fetten im Käse zusammenspielen. Ein ergänzender Faktor für eine Kombination aus Tee und Käse ist die Wärme des Getränkes, die vom Gaumen nach retronasal steigt und den Geschmack des Käses u.a. durch Anschmelzen verstärkt.

Fast wie ein zusätzliches Reifen des Käses. Anders als beim Wein, wo sich Geschmäcker von Wein und Käse verbessern bzw. steigern, ändern sich bei Kombinationen von Tee und Käse Textur und Geschmack beider Komponenten; es werden verborgene Nuancen des Käses freigelegt. Wie beides kombinieren? Letztendlich will man ein Gleichgewicht zwischen Mundgefühl, Tiefe und Geschmack sowohl des Tees als auch des dazu gepaarten Käses erreichen. Hier gibt es Parallelen zum Pairing von Käse und Wein, indem entweder Gegensätze oder komplementäre Aromen kombiniert werden.

Cremige Käse mit stärkerem Schwarztee, salziger Käse mit süßlicherem Tee auf der einen Seite. Grüntee mit Brie, Rauchtee mit einem geräucherten Käse auf der anderen Seite. Wie den Tee zubereiten? Am besten sollte der Tee, ähnlich wie der Käse, pur kombiniert werden.

Dies trifft insbesondere auf die Beigabe von Milch und Zucker zu. Die Säure von Zitrone oder Limone kann aber vereinzelt die höhere Salzigkeit, bespielsweise eines Hartkäses, ausbalancieren.

Der Tee sollte lauwarm getrunken werden; ist er zu heiß, verliert sich ggf. die aromatische Note. Zudem kann der Gaumen verbrühen und dieser ist dann betäubt. Hier sei noch einmal drauf hingewiesen, dass die Temperatur bei der der Tee aufgebrüht wird natürlich nicht der Trinktemperatur entspricht.

Der Tee sollte stets auf optimale Stärke aufgebrüht werden, um die volle Komplexität und den vollen Charakter des Aufgusses zu erreichen.

Schwarzer Tee also mit frisch gekochtem Wasser (>90°C), je nach Blattgröße zwischen 3 und 5 Minuten Ziehzeit (kleineres Blatt hat eine kürzere Ziehzeit).

Grüner Tee mit 70-80 °C für 2 - 3 Minuten.

Edle japanische grüne Sencha zum Teil sogar nur mit 60°C.

Die Stärke des Aufgusses hat einen starken Effekt auf Mundgefühl, Gewichtung und Struktur des Tees. Je länger Tee zieht, desto mehr der tanninartigen Strukturen kommen durch.

Für manche Käse durchaus ideal, aber wo ein wenig Adstringenz hilfreich sein kann, kann Bitterkeit alles ruinieren. Die Kombination funktioniert nicht mehr. Es kann aber bewusst auf die Teetemperatur gesetzt werden (kalt, lauwarm oder heiß), um Kontrast zu schaffen oder um gerade dafür zu sorgen, dass der Tee mit dem Käse harmoniert.

Wie verkosten?

Auch hier gilt, erst mit den milderen Sorten beginnen und sich dann zu den intensiveren Aromen heranschmecken. Dies trifft nicht nur für den Käse zu, sondern auch für den Tee. Weiße und grüne Tees vor Oolongs und schwarze Tees setzen, dann Pu-Erh.

Hier kann im Zweifelsfall die Tassenfarbe des Tees hinweisend sein; je heller die Tasse ist, desto weniger intensiv ist der Tee. Kennt man gute Käse-Weinpaarungen, ist es oft einfach den Wein mit Tee auszutauschen.

Einfach milden grünen und weißen Tee anstelle von Champagner und Sauvignon Blanc reichen. Whiskey-Liebhaber könnten mit einem Pu-Erh oder einem Lapsang Souchong starten.

Welcher Tee? Ebenso wie es keinen universellen Wein gibt, gibt nicht den universellen Tee, der zu allen Käsen passt.

Einige Stimmen halten Teesorten mit reinem Geschmack (sog. Ursprungstees) für optimal. Dagegen spricht, dass aromatisierte Tees wie z.B. ein guter Earl Grey oder Milky Oolong durchaus ihren Gegenpart finden.

Schwarzer Tee Wie kräftigere Rotweine hat Schwarztee den höchsten Anteil an Gerbstoffen im Vergleich zu anderen Teesorten, da er zu den vollständig oxidierten Tees zählt. Ein sanfterer cremiger Camembert gleicht mit seinem buttrigen, pilzigen Aroma dann den kräftigen, malzigen und adstringierenden Geschmack eines Breakfast Teas aus.

Blauschimmelkäse, wie Roquefort oder Bleu d'Auvergne, können mit ihrer Intensität diesem Geschmack ein Gleiches entgegensetzen. Hier sei z.B. ein Darjeeling 2nd Flush erwähnt. Oder ganz in Gedenken an den britischen Kolonialismus, ein gereifter Cheddar oder gar ein Stilton in Kombination mit einem wertigen indischen Assam.

Wobei beide auch mit einem samtigen chinesischen Keemun mit seinen burgunderähnlichen Fruchtnoten harmonieren.

Grüner Tee Da dieser kaum oxidiert ist im Vergleich zu schwarzem Tee (nur zu etwa 3%), beinhaltet er weniger Gerbstoffe. Leichter und mit mehr floralen und erdigen Noten passt zu einem chinesischen Grüntee dann ein halbweicherer Käse wie Munster oder Taleggio.

Ein japanischer Sencha hat grasartige Noten, ein Gyokuro einen ähnlichen Geschmack mit zusätzlicher Mineralität und einem Hauch von maritimen Tönen. Frischer Ziegenkäse oder ein sehr rahmiger Käse wie Brillat Saverin oder Vacherin Mont d’or bringt dies jeweils zur Geltung. Weisser Tee Marginal mehr oxidiert als grüner Tee (5%) sind hier durch die reine Sonnentrocknung die grasigen, floralen Noten sehr ausgeprägt und auch kaum Gerbstoffe vorhanden. Trotz leicht höherem Oxidationsgrad sind sie feiner und sanfter als die meisten grünen Tees.

Ein wertiger Pai Mu Tan mit einem Appenzeller oder ein Snow Buds White Tea mit einem Fontina ergänzen sich gut.

Auch ein Büffelmozzarella, ein Delice de Cremiers oder ein junger Brillat Saverin verstärken die fragilen Aromen der feinen Tees. Ooolong Tee In China wird dieser auch „blauer“ Tee genannt.

Vom Oxidationsgrad liegt er zwischen grünen und schwarzen Tee (von 15 bis 85%), daher gibt es viele Sorten.

Die häufig anzutreffende Kugelform durch das typisch gerollte Blatt macht mehrere Aufgüsse möglich. Es ist faszinierend, wie jeder neue zunehmend sanftere Aufguss eine andere Harmonie mit demselben Käse erzeugt. Der Dark Pearl Oolong, ein schon höher oxidierter Tee mit leicht erdig-malzigem und honigsüßem Geschmack, bietet sich hierfür an. Hier sollten die unterschiedlichen Aufgüsse z.B. mit einem Manchego ausgetestet werden. Überhaupt haben Oolongs eine Affinität zu nussig schmeckendem Schafskäse.

Doch auch Käse aus Kuhmilch sind würdige Partner. Wie ein Comté im Zusammenspiel mit einem nur leicht oxidierten Four Seasons Oolong mit floraler Note und leichten Ingwernuancen aus Taiwan (Formosa) beweist.

Aromatisierter Tee Dem Ursprungstee wird ein weiteres Aroma beigegeben (Öle, Pflanzenteile, Gewürze, auch künstlich hergestellt). Somit vergleichbar mit einem affinierten Käse. Von den aromatisierten Schwarztees kann ein geräucherter Lapsang Souchong aus der chinesischen Provinz Fuijian als Gegenpart durchaus einen salzig-würzigen Pecorino oder einen kräftigen Blauschimmelkäse vertragen.

Earl Grey, mit seiner zitrusähnlichen Bergamottenote, läßt sich eher mit einem milderen Blauschimmelkäse wie z.B. Rochebaron paaren. Jasmintee, ein Grüntee mit Jasminblüten, ergänzt mit Noten von Vanille, Pfirsich und Holunder den Walnussgeschmack eines Rambol.

Ein halboxidierter über Milchdampf gerollter Milky Oolong zähmt die salzig-scharfe Intensität eines Blue Stilton. Pu-Erh Tee Einer der häufigsten „dunklen Tees“. Diese sind nicht an der Luft oxidiert, sondern durch Bakterien fermentiert. Nach dem Trocknen wird entweder durch teilweise jahrelanges Lagern („sheng“) oder durch aktive Zugabe von Bakterienkulturen („shou“) der Tee gereift. Dies ergibt Tees mit starkem, aromatischem Geschmack.

Die rauchigen, erdigen, ja durchaus ledrigen Noten kombinieren sich gut mit gereiftem Gouda, Stilfzer oder insbesondere in der „shou“ Variante mit einem Époisses. Rooibostee Seinen Ursprung hat dieser Tee anders als die vorherigen nicht in der Teepflanze camilla sinensis, sondern in einem Busch in Südafrika. Zwar oft als roter Tee bezeichnet, gibt es ihn tatsächlich auch in einer grünen Variante. Letztere hat mehr Antioxidantien und einen etwas erdigeren Geschmack, der wie grüner Tee zu Munster passt. Der rote Rooibos kommt mit vanilleartigen, süßeren und auch nussigeren Noten. Gut vereinbar mit einem Camembert oder einem jungen Brie de meaux. Aber auch ein würziger Red Leicester paart gut. Roibuschtee, wenn aromatisiert, kann durchaus mit ähnlich affiniertem Käse probiert werden. Kräuter- und Früchtetee An sich wie der Rooibos kein Tee, sondern „Aufgussgetränk“.

Viele Kräutertees sind schwierig zu kombinieren, u.a. weil ihnen die Struktur grüner oder schwarzer Tees bzw. Oolongs abgeht. Es fehlen neben Koffein die Gerbstoffe. Das wird durch eine weite Welt verschiedener Kräuter, Früchte, Blätter, Rinden und Wurzeln und damit eine unermessliche Anzahl an möglichen Paarungen kompensiert.

Frischkäse sind oft eine gute Option als erster Versuch. Ein sanfterer Tee wie z.B. Kamillentee kann dagegen mit einem würzig scharfen Ziegenkäse funktionieren. Bei herben Noten in den Tees darf generell zu jungen cremigen Käsen gegriffen werden. Früchtetees mit hohem Hagebutten-, Brombeer- und Hibiskusanteil können dagegen gut gegen Blauschimmelkäse oder einen würzigen Rotschmierkäse wie Pont-l'Évêque oder Reblochon bestehen. Abwarten und Tee trinken?

Tee ist kein langweiliges Getränk bei Regenwetter. Tee ist ein Getränk mit Persönlichkeit, Geschmack, welches mindestens ebenso - wenn nicht mehr - begeistern kann wie Wein. Eigentlich gibt es keinen falschen Weg Tee mit Käse zu paaren. Beweisen Sie Abenteuergeist und fürchten Sie sich nicht vor Experimenten mit kräftigen Aromen und ausgefallenen Mischungen.

Dann ist es wie bei jedem Getränk; jeweils einen Schluck mit dem jeweiligen Käse verkosten. Von mild zu kräftig. Und nicht vergessen sich Notizen zu machen



Autor

Dr. Jens Fischer 

Doktor (med.) 

Diplom Käsesommelier

Teesommelier 


Käse und Tee, Tee und Käse V22-01.21 Käse und Tee, Tee und Käse V22-01.21