Käse und Senf – eine Liaison zum Dahinschmelzen
Ein herzhaftes Stück Roquefort, dazu ein kleiner Löffel Stachelbeer-Banane-Senf?
Etwas Valençay mit einer hauchdünnen Schicht Sanddorn-Mostert affiniert? Puristen wie der Käsepapst Bernard Antony rümpfen dabei zweifelsohne die „reine“ Nase. Was zunächst wie eine ausgefallene Idee eines neuen, experimentierfreudigen Koch-Hypes klingt, ist dennoch die Zeit und vor allem den Gaumen wert, etwas tiefer in die Kombinationswelt beider Lebensmittel einzutauchen.
Senf als Würzmittel ist nach heutigen Erkenntnissen seit 3000 Jahren bekannt, Käse wird vermutlich bereits seit mehr als 5000 Jahren hergestellt.
Die Nähe der beiden Lebensmittel ist geradezu erstaunlich. Beide verfügen über eine kaum begrenzte Geschmacksvielfalt. Bereits die Verarbeitung des Rohstoffs sowie die Herstellungsarten sind beim Senf sehr breit gefächert: als Basis kommt er fein gemahlen, in Form von Schrot oder als Korn im Ganzen zum Einsatz. Um den enzymatischen Prozess anzustoßen, wird er mit Essig, Zitrone oder – etwas edler – mit Verjus angesäuert. Es gibt ihn in den Grundrichtungen süß, mittelscharf oder scharf. Aber vor allem kann er mit zahlreichen Aromen angereichert werden.
Der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt. Die Bandbreite der Geschmacksnoten reicht dabei vom – mittlerweile weithin bekannten – Feigensenf bis hin zum Senf mit Kakao-Aroma. Es gibt wenig, was es nicht gibt. Beim Käse sieht es nicht anders aus. Die Verarbeitungsformen reichen vom einfachen Ansäuern der Milch und anschließendem Reifen des Teigs bis hin zum Brühen des Käsebruchs. Käse kann hinsichtlich seines Wassergehalts in der fettfreien Käsemasse oder seines Fettgehalts unterschieden werden. In der Verarbeitung kommen unterschiedlichste Kulturen mit all ihren sich auf Textur und Geschmack auswirkenden Eigenschaften zum Einsatz.
Noch vielfältiger sind dabei die Aromen: von Laub bis Röstzwiebel ist so ziemlich alles dabei, was die Bandbreite sensorischer Wahrnehmung hergibt. Das Spektrum ist immens. Was liegt also näher als die beiden geschmacklichen Alleskönner miteinander in Verbindung zu bringen. Senf als ideale Beilage zu Käse ist schon längst kein Geheimtipp mehr, das Gläschen Senf an der Käsetheke durchaus kein Exot mehr. Die Kombinationsmöglichkeiten werden allerdings immer vielfältiger. In ihrer Kombination gehen sie die perfekte Liaison ein, sie bieten eine phänomenale Harmonie, die an Genuss kaum zu übertreffen ist.
So kann ein Taleggio mit AnanasKokos-Senf ein ungeahnter Gaumenöffner sein, ein Blauschimmelkäse mit LitschiPepperoni-Senf ein wahrhaft erhellender Moment. Haben Sie schon einmal Gutbrandsdalen mit Erdbeer-Rhabarber-Senf verkostet? Nein? Sie sollten es dringend nachholen! Und das Erstaunliche in diesem Zusammenhang: Senf ist sehr einfach selbst herzustellen: die Zutatenliste überschaubar, der reine Arbeitsaufwand in der Regel kaum mehr als eine halbe Stunde. Dabei ist es äußerst spannend, sich seine eigene Geschmacksrichtung zusammenzustellen.
Und als Geschenk ist selbstgemachter Senf ein wirkliches Unikat.
Autor
Herbert Lefèvre
Diplom Käsesommelier
Buchautor "Das ultimative Buch vom Senf: Selbst gemacht ist einfach besser! 40 exquisite Sorten“ Taschenbuch Compbook 12. Dezember 2016"
Koch Dozent
IT Ass